Waldbegehung mit der FDP stößt auf große Resonanz
Wie sehr den Kronbergern an ihrem Wald liegt, konnte die FDP am vergangenen Sonntag feststellen.
Die Bürgermeisterkandidatin der Freien Demokraten Kristina Fröhlich hatte unter dem Motto „Wie steht es um den Kronberger Wald?“ zu einer Waldbegehung mit Experten eingeladen. Am Treffpunkt MTV drängten sich über 60 Interessierte, von jungen Neubürgern bis zu sportlichen Einwohnern des Rosenhofs, die auf die Ausführungen der Forstspezialisten gespannt waren: von der Goethe Universität Frau Dr. phil. nat. Vera Holland vom Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, sowie Christian Freiherr v. Bethmann, Dipl.-Forstwirt und Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft e. V., Margrit Sylvia Ruppel, Mitglied des Vorstandes der Hessischen Waldbesitzerverband e.V. sowie Sebastian Gräf, Bereichsleiter Produktion des Forstamts Königstein.
Die Lösungsansätze der Referenten lagen teilweise diametral auseinander, so dass erkennbar wurde, dass für jeden Standort andere Optionen gelten. Im Einzelnen:
Dr. Vera Holland: sie erwartet nachhaltige, wissenschaftsbasierte Lösungsansätze für den Wald. Zurzeit stehen sich die Befürworter von naturbelassenen Forsten mit Waldbesitzern oft unversöhnlich gegenüber, die den Wald als Wirtschaftsbetrieb führen wollen. Hier zu einvernehmlichen Kompromisslösungen zu kommen ist oft schwierig, dabei gibt es wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze, die sowohl die Ökologie der Wälder, als auch deren Wirtschaftlichkeit im Blick haben. Gemeinsam mit Forstpraktikern und Wissenschaftlern müssen klare politische Richtlinien erarbeitet werden, wie die durch Dürre und Schädlinge erforderliche Holzeinschläge wieder aufgeforstet werden sollen. Einen Wald sich selbst zu überlassen, sei vielerorts unrealistisch, weil es viel zu lange dauere, dem Klimawandel zu begegnen. Die vermeintliche Lösung, Baumarten aus andere Kontinente zu pflanzen, die mit Trockenheit sehr viel besser zu Recht kämen, verkennt, dass so ökologischen Risiken Vorschub geleistet wird, andere Schädlinge eingeführt werden könnten und dass die Folgen nicht erforscht sind. Sie setzt mit Ihrer Forschung auf die assistierte Migration mediterraner Arten, bei denen viele Risiken von vorneherein minimiert sind.
Christian von Bethmann betreibt seinen Forst in der Nähe von Marburg nach den Grundsätzen der naturgemäßen Waldwirtschaft. Diese zielen auf einen stabilen, gemischten Wald, der nachhaltig wertvolles Holz liefert und anders als die klassische Forstwirtschaft auf breitflächige Kahlschläge verzichtet. Ein hinreichender Anteil von Alt- und Totholz bietet als Biomasse eine gute Grundlage für die Entwicklung einer vielfältigen, waldtypischen Lebensgemeinschaft. Durch eine regelmäßige Entnahme von Bäumen wird immer wieder Licht auf den Waldboden gebracht und so für die natürliche Verjüngung gesorgt. Diesen Grundsätzen folgt der Forstwirt durchaus auch aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen: durch die Mischung der Bäume wird das Risiko des Ausfalls gemindert. Auch ist die naturgemäße Waldwirtschaft deutlich weniger personalintensiv, da weniger durch Rodung oder Neuanpflanzung in den Wald eingegriffen wird. Herr von Bethmann ist mit Frau Dr. Holland darin einig, dass Forstwirtschaft eine multidisziplinäre Fragestellung ist, die nicht nur Forstwirten überlassen werden sollte. Unterschiedlich Sichtweise vertraten sie jedoch bei der systematischen Nachpflanzung, die er weniger für notwendig hält und deshalb seinen Wald in den letzten 40 Jahren weitestgehend sich selbst überlassen habe. Er wies auch auf die Zielkonflikte von Forst- und Jagdwirtschaft hin: damit der Wald sich natürlich aus eigner Kraft regenerieren könne, sei eine konsequente Jagd zur Regulierung des – wegen der milden Winter viel zu großen – Bestands an Schalenwild Grundvoraussetzung, da dieses Setzlinge und auskeimende Eicheln etc. wegfresse. Im Interesse des Waldes müssten Jagdkonzepte auch unter Berücksichtigung der Forstwirtschaft festgelegt werden. Angesichts der jüngsten Überschwemmungen in Schönberg wies der Waldbesitzer auf die Bedeutung des Waldes beim Hochwasserschutz hin: Durch kleine Eingriffe zur Verlangsamung der Wasserabflussgeschwindigkeit und die Schaffung von Sickerflächen im Wald kann ein Beitrag zur Minderung des Hochwasserrisikos bei häufigeren Starkregenereignissen geleistet werden.
Margit-Sylvia Ruppel: das allgemeine Betretungsrecht des Waldes sei ein hohes Gut, stellt Waldbesitzer jedoch auch vor Herausforderungen insb. bei der Wegesicherung. Daher sei ein umsichtiges Verhalten der Bürger im Wald, mit gegenseitiger Rücksichtnahme umso wichtiger. Über eine traurige Beobachtung kann Frau Ruppel berichten, da mehrere Gemarkungsgrenzen durch ihren Wald verlaufen. Sobald Gebühren für die Abfallentsorgung aufgerufen werden, oder Abfallannahmen nur schwer erreichbar sind (z.B. durch Corona-bedingte Schließungen), landet Müll im Wald. Ihr Wald wird schonend bewirtschaftet. So würden z.B., um einzelne Bäume aus dem Bestand zu entnehmen, Rückepferde eingesezt, um den Waldboden und die umliegenden Bäume zu schonen.
Wie Sebastian Gräf vom Forstamt Königstein ausführt, hätte der Wald insbesondere seit 2017 in erheblichem Maße durch Dürre und Stürme gelitten. Auch der Borkenkäferbefall der Fichten sei ein großes Problem. Er führte aus, dass ein Teil der Probleme auch der Dominanz der Fichten im Wald geschuldet sei, die vor allen zur Aufforstung nach dem 2. Weltkrieg angepflanzt wurden. Die Bodenqualität differiere je nach Höhenlage. Der Kronberger Forst -500ha.- erstreckt sich bis hoch zum Altkönig und verläuft höhenmäßig zwischen 180 bis 600 Höhenmeter. 2017 begann es mit Stürmen, die dem Wald erheblich zusetzten, gefolgt von regenarmen Wintern in 2017 und 2018 und langen Trockenperioden im Sommer. Was die Gewinn- und Verlustseite betrifft, sei diese aufgrund staatlicher Subventionen ausgeglichen, was zu Erstaunen und Freude bei den anwesenden Stadtverordneten der FDP führte.
Beim abschließenden Imbiss in der Hainklause, dankte Kristina Fröhlich zunächst Frau Astrid von der Malsburg und ihrer Plattform FrauenmitFormat, für die effektive Kooperation bei der Organisation der Veranstaltung. Ferner dankte sie den Referenten für die vielen neuen Erkenntnisse, die sie uns vermittelt hätten sowie den Gästen für ihre rege Beteiligung. Fröhlich: „Man sieht, dass man mit einem wirklich relevanten Thema, die Bürger mobilisieren kann“.