Doppelhaushalt 2022/2023: FDP kritisiert fehlende Weitsicht bei Finanzplanung

Kein Bürger käme wohl auf die Idee, heute sein Bankkonto zu plündern, wenn morgen noch die Mietzahlung und die Leasingrate fürs Auto aussteht. Dieser Grundsatz privater Haushaltung galt aus Sicht der FDP leider nicht für die Beratungen des Doppelhaushalts 2022/2023 der Stadt Kronberg.

Deshalb sind die Kronberger Freien Demokraten auch nach der politischen Jahresend-Pause noch nicht glücklich mit dem vor Weihnachten in der Stadtverordneten-Versammlung verabschiedeten Haushaltsplan, der im Erfolgshaushalt ein Defizit von knapp EUR 10 Mio. und im Finanzhaushalt von EUR 18 Mio. vorsieht.

„Für mich ist der lockere Umgang mit den vermeintlichen Bar-Reserven der Stadt immer noch unbegreiflich. Wir rechnen im Detail vor, dass jeder Euro in der Kasse schon verplant ist und nicht zwei Mal ausgegeben werden kann – und keinen interessiert das?“, so die Beobachtung der Debatte durch Dr. Frank Matzen, Ortsvorsteher in Kronberg. Er bemängelt auch die vielfach intransparenten Haushaltsunterlagen, zu denen die FDP schon bald Verbesserungsvorschläge machen wird.

Stefan Griesser, FDP-Vertreter im Haupt- und Finanzausschuss, weist auf die erheblichen Zukunftsinvestitionen hin, für die es jetzt keine Reserven mehr gibt: neue Kindergärten, die Infrastruktur der Feuerwehr Kronberg und Oberhöchstadt, Baufelder für Wohnungen, Instandhaltung des Abwassersystems, Maßnahmen zum Schutz vor Klimawandel und die Sanierung städtischer Gebäude.

Aber auch dort, wo die Umsetzung längst beschlossen wurde, geht nicht viel voran: „Wir haben einen gewaltigen Investitions-Stau in Kronberg. Das betrifft die Infrastruktur der Stadt, vor allem aber soziale Projekte wie Kindergärten und die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen!“. Daher hat die FDP nicht nur ein Budget für die beschleunigte Digitalisierung der städtischen Dienstleistungen für die Bürger erfolgreich beantragt, sondern auch eine gezielte Organisations-Untersuchung der Verwaltung durch externe Experten. Wo möglich, soll auch eine Entlastung der Verwaltung erreicht werden.

Von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen sind die Freien Demokraten überzeugt:

„Man kann es nicht länger hinnehmen, wenn die gewählten Stadtverordneten Projekte beschließen, die wie Altkönigblick und Baufeld V gerade auch der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum dienen, und dann dauert es Jahre, bis sich irgendwann etwas bewegt,“ erklärt Walther Kiep. Er fügt aber auch an: „Das liegt nicht daran, dass die Mitarbeiter der Stadt etwa schlecht arbeiteten, aber die Kapazitäten sind begrenzt und müssen an den relevanten Stellen mit Digitalisierung und schlanken Prozessen effizienter gemacht werden.“

Die geplante Aufstockung des städtischen Personals betrachtet die FDP als „Vertrauensvorschuss“ an die Verwaltung. Damit ist dann aber das Ende der personellen Fahnenstange erreicht. Dem muss nun die konsequente Modernisierung bei gegebenen Mitteln folgen.

„Viele vergessen, dass es hier gerade auch darum geht, zügig soziale Projekte für Familien umzusetzen. Eltern verzweifeln, weil sie keine Kitaplätze finden. Das betrifft derzeit 85 kleine Kinder! Eigentlich brauchen wir in Kronberg ein bis zwei zusätzliche Kindergärten, aber davor muss erst einmal die Erneuerung mehrerer anderer Kitas abgearbeitet werden,“ gibt Björn Resch, Vertreter der FDP im Kultur- und Sozialausschuss zu bedenken. Der Investitionsstau ist kein abstraktes Finanzthema, sondern betrifft jeden Bürger im Alltag!

Über einen Beschluss der Stadtverordneten freut sich die FDP-Fraktion allerdings: die finanzielle Unterstützung des MTV Kronberg bei der Evaluierung des Baus einer dringend benötigten Mehrzweckhalle. „Davon würden nicht nur alle Sparten des MTV, sondern indirekt auch viele andere Vereine profitieren; nachdem die anderen Parteien unseren Antrag im HFA leider noch nicht unterstützen wollten, sind wir sehr froh, dass sie sich dann doch noch durchgerungen haben,“ so Stefan Griesser.  

Aufgrund der Unwägbarkeiten in der näheren Zukunft hätte sich Holger Grupe, Ortsvorsitzender der FDP, mehr Weitsicht in der politischen Debatte um den Haushalt gewünscht: „Neben den ganzen Fragen der Infrastruktur wird der Klimawandel von uns noch viel abverlangen. Die Aufforstung des Stadtwaldes hat gerade erst begonnen. Über die Kosten der steigenden gesetzlichen Anforderungen bei Klima-Schutzmaßnahmen haben wir noch gar keinen Überblick. Und über allem schwebt noch die Corona Pandemie. Wir sollten uns daher finanzielle Spielräume erhalten und nicht alle Gelder jetzt schon verplanen.“ Immerhin, mit dem Klimabeirat und dem Klimaschutzmanager sieht er die Stadt auf dem richtigen Weg und erinnert daran, dass der Impuls, Gelder für dessen Verlängerung bereitzustellen, seinerzeit von der FDP kam. 

Damit finanzielle Spielräume künftig vorhanden sind, braucht es aus Sicht der FDP eine nachhaltige Verbesserung der Einnahmenseite. „Eigentlich war die ganze Haushaltsdebatte ziemlich skurril. Dass es ein riesiges Defizit im Erfolgs- und Finanzhaushalt gibt, wurde von den anderen Fraktionen praktisch totgeschwiegen! Und die Frage, wie man die Gewerbesteuer-Basis wieder nachhaltig erhöhen kann, war offenbar auch nur für die FDP ein relevantes Thema“, so Kristina Fröhlich. „Unsere lokale Wirtschaft ist zentraler Dreh- und Angelpunkt im Gelingen einer Zukunftsplanung. Wir sind nur so stark wie unsere Wirtschaft vor Ort, und diese braucht alle Unterstützung – da ist noch gehörig Luft nach oben.“

Wenigstens fand der Antrag der FDP, mit der Stadt Eschborn über einen Gebietstausch neue Gewerbeflächen für Kronberger Handwerker und Unternehmen zu gewinnen, eine Mehrheit.

Trotzdem: „Es wurde leider überdeutlich, dass die Sicherung und der Ausbau der Gewerbesteuer-Einnahmen für die Zukunft der Stadt ein wesentliches Ziel sein muß. Die Stadtverordneten müssen sich regelmäßig mit der Entwicklung der Gewerbetriebe in Kronberg beschäftigen,“ so Walther Kiep. Hierzu soll möglichst der HFA um das Thema „Wirtschaft“ erweitert werden. „Wir haben einen entsprechenden Vorschlag in die aktuelle Projektgruppe zur Überarbeitung der Geschäftsordnung eingebracht und rechnen mit einer schnellen Umsetzung“ informiert Walther Kiep, selbst Mitglied dieser Projektgruppe.

Für Holger Grupe war die Auseinandersetzung des Partei-Teams mit dem Haushalt eine sehr positive Erfahrung: „Als FDP Kronberg haben wir nicht nur gezeigt, dass wir mit viel Expertise der Mechanik des Haushalts und den finanziellen Zusammenhängen im Detail auf den Grund gehen. In der politischen Debatte haben wir sehr pragmatisch und zukunftsorientiert das Wesentliche jenseits aller Ideologie oder tagespolitischen Gefälligkeiten im Fokus. Denn letztlich geht es nicht um ein  „Wünsch Dir was“, sondern darum, dass die wichtigen, langfristig wirkenden Themen endlich umgesetzt werden können. Wir laden jeden ein, der uns auf diesem Weg unterstützen möchte“.

Unter folgenden Link sehen Sie die komplette Rede von Stefan Griesser zum Doppelhaushalt 2022/2023 im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung Kronberg vom 16. Dezember 2021: https://www.youtube.com/watch?v=rM8xx5DM1P8