Kronberg muss digital werden – Von den (B) Esten lernen

Kronberg hat einen Digitalisierungsbeauftragten und keiner findet ihn. Jedenfalls erfordert die Suche nach jener Person, die sich um das wichtigste Ressort der Stunde kümmern soll, einen profunden Pfadfinderlehrgang. Doch es gibt ihn tatsächlich und es ist bestimmt so, dass er alle Hände voll zu tun hat und daher nicht erreichbar ist.

Digitalisierung klingt zwar mittlerweile banal, ist es aber nicht. „Wir stecken zwar mitten in einer Digitalisierungswelle, aber die Bevölkerung sieht noch keine nennenswerte Fortschritte“, zitiert Astrid von der Malsburg, im Vorstand der FDP für das Thema Digitalisierung zuständig, die neueste Allensbach Umfrage. Auch für Kronberg ist höchste Dringlichkeit um eine optimale digitale Infrastruktur zu schaffen, geboten. Das betrifft auch die Prozesse in der Kronberger Verwaltung. Dabei geht es um viel Überzeugungsarbeit bei den Mitarbeitern. Wer den neuen Medien gegenüber nicht aufgeschlossen ist, wird sie blockieren. Davon wissen nicht nur geplagte Eltern von Schulkindern sondern fast alle Bürger der Stadt ein Lied zu singen.

Dabei verhält es sich mit der Digitalisierung wie mit der Technik:  beides sind notwendige Übel, aber nach Überwindung der Vorurteile sind alle Gewinner.

Zur Zeit sind mit Termine mit dem Bürgeramt nur online möglich. Und dann?

Nimmt man beispielhaft die Ausgabe der Anwohner Parkausweis. Wenn es also einen der begehrten Online Termine gibt, muss ich später dennoch zur Abholung des Dokumentes wieder zum Bürgeramt schreiten. Als ob es nicht viel einfacher wäre, den Ausweis selbst auszudrucken, oder mit digitaler Unterschrift versehen, jedem Bürger zuzuschicken. Oder das Anmelden eines Gewerbes? Das An – und Ummelden des Wohnsitzes, das kann nach heutigem Stand alles sehr lange dauern, obwohl auch hier die digitale Lösung soviel effizienter und dem Bürger wie Steuerzahler, angemessen wäre.

Spätestens 2025 müssen alle Kommunen in Deutschland die meisten Dienstleistungen online anbieten – doch so richtig Fahrt hat das Ganze noch immer nicht aufgenommen.

Dabei gibt es großartige Beispiele bestens funktionierender Digitalisierung in unseren europäischen Nachbarländern, mit Estland an der Spitze. Ein so kleines Land mit einer so großen Vorbildfunktion? Das war auch für die Esten außerordentlich anstrengend. Spitzenleistungen kommen nicht von ungefähr, erbracht unter schwierigsten, da bedrohlichen Zuständen an den Aussengrenzen. Aber Estland wäre ohne seine seit 30 (!) Jahren offensiv gefahrene Digitalisierungsoffensive nicht da wo es heute steht. Als vollwertiges Mitglied der EU und der Nato führt Estland als Modellnation Nr. 1 in Sachen Digitalisierung, nebenher sind auch die Leistungen der Schulkinder in Mathematik herausragend im europäischen Vergleich. Und das hat sich jetzt, in Zeiten der Pandemie nochmals ausgezahlt. Neben dem allseits akzeptierten und funktionierenden Homeschooling, gehört die komplette Vernetzung der einzelnen Bürger in Estland zum Alltag. Jeder Este bekommt von Geburt an eine unverwechselbare ID Nummer, vergleichbar mit unserer Steuernummer. Jeder Este trägt sein Daten, gespeichert auf der ID Card, immer bei sich. Dazu gehören Bank – wie  Patientendaten, und kein Este kommt mehr auf die Idee dies etwa in alten Aktenordnern auszulagern. Das Thema Sicherheit wird von den Esten nicht als Problem gesehen, die Sicherheit der Daten steht auf der gleichen Stufe wie militärische Daten – jeder Zugriff nicht berechtigter Personen wird überdies scharf geahndet und ist natürlich sichtbar. Für Estland, meint Astrid von der Malsburg, die das Land in Hessen auch offiziell vertreten darf, gab es damals keine Alternative. Und die Pandemie hat doppelt deutlich gemacht: wir haben auch heute keine Wahl, wenn wir weiterhin arbeiten und kommunizieren wollen, dann muss die digitale Infrastruktur in der Stadt funktionieren.

Zurück zu unserer schönen Stadt: ein attraktives Homeoffice-Konzept würde nicht nur unsere Verwaltung zu einem smarten Arbeitgeber machen, es fördert auch alle anderen Potentiale dieses Ortes. Zugezogene wie Alteingesessene werden die erfolgreiche Arbeit des Digitalisierungs – Beauftragten als Gewinn empfinden, weshalb man es ihm nachsehen muss, wenn er grad nicht auffindbar ist.

Der Einsatz wird sich lohnen, wir werden künftig mehr Zeit haben durch die wunderschönen, alten Gassen zu spazieren, statt uns bei den Ämtern anzustellen und mit Kindern und Großeltern vergnügliche Treffen auf dem Berliner Platz abhalten statt Formulare mit kratzigen Kugelschreiber auszufüllen.

Wer nicht weiter zuwarten will, kann sich zu einem kostenlosen Webinar anmelden und prüfen, ob es nicht eine richtig gute Idee wäre, erst einmal e-Resident in Estland zu werden. Jeder Bürger in der EU kann e-resident werden, jeder kann auf diese Weise unkompliziert ein Unternehmen in Minutenschnelle gründen, ohne lästige Verwaltungsschritte oder Notare oder Anwälte.

Das nächste Webinar findet am 9.2. um statt, Anmeldung unter astrid.malsburg@fdp-kronberg.de.

Astrid von der Malsburg, u.a. Honorarkonsulin von Estland in Hessen.