FDP: Bebauungsplan Bahnhof- und Bleichstrasse ist der Lackmustest für die Stadtbildentwicklung

Zum Thema „Bebauungsplan Bahnhofstr./ Bleichstr.“ hatte der Magistrat am 18. März 2021 die Stadtverordneten zu einer digitalen Sondersitzung eingeladen.

Die Stadtverordneten waren besonders gespannt auf die versprochene Visualisierung. Bestand doch so die Möglichkeit, ein klares Bild über die Proportionen der geplanten Baukörper gegenüber dem Hotel am Bahnhof und gegenüber dem Casalsforum (also auf dem Areal des früheren Kronberger Hofs), zu bekommen. So hätte man vergleichen können, wie sich das gemäßigtere, vom Magistrat beschlossene Konzept gegenüber dem von Erstem Stadtrat Siedler verhält, welches höhere Stockwerkszahlen vorsieht. Diese höhere Verdichtung begründete Herr Siedler mit der Abwehr möglicher Schadensersatzansprüche seitens der Grundstücksbesitzer im Bereich des beabsichtigten Bebauungsplans.

Nach Ansicht fast aller Fraktionen war die Visualisierung aber wenig aussagefähig. Dazu Walther Kiep von der FDP: „Das Ergebnis war ernüchternd: zweidimensionale Zeichnungen aus lediglich zwei Blickrichtungen. Das war Alles.“ Ärgerlich sei auch, dass die gezeigten Relationen nicht stimmten.

Die eingezeichneten Personen in Relation zu den Gebäuden waren viel zu groß (mit einer Körpergröße von 2,70m bzw. 2,0m bei einem Kind) – dies wurde erst auf Nachfrage bestätigt. Peinlich! Auch wurden Bäume eingezeichnet, die es dort gar nicht gibt, die aber ebenfalls über die tatsächliche Höhe der Gebäude täuschen konnten.

Zunächst aber führten die Schadensersatzbefürchtungen von Herrn Siedler zu einem heftigen Schlagabtausch mit Vertretern fast aller Fraktionen über die Frage, wozu denn die Stadtverordnetenversammlung überhaupt einberufen würde, wenn die Bürgervertretung vor drohenden Schadenersatzansprüchen einknicken müsse, obwohl sie doch ihrem Gestaltungsauftrag bei städtischen Baumaßnahmen nachkommen müsse.

Folgendes wurde jedem Stadtverordneten deutlich:

  1. Es besteht ein eklatanter Unterschied, ob mit oder ohne Bebauungsplan geplant wird. Auf der einen Seite steht eine sorgfältige Detailuntersuchung – gerade auch im Bereich Klimaschutz – inklusive der Einbeziehung der Bürger, auf der anderen Seite eine Entscheidung des Ersten Stadtrats mit dem gummiweichen Argument, etwas wäre „städtebaulich vertretbar“.  
  2. Wollen wir unser Stadtbild erhalten, müssen wir auch die Möglichkeit gerichtlicher Auseinandersetzungen mit Grundstückseigentümern in Kauf nehmen, die natürlich meist die maximal mögliche Verdichtung verfolgen.
  3. Der Beschluss der Stadtverordneten, 17 Bebauungspläne wieder in Kraft zu setzen, ist der einzige Weg, die Stadtentwicklung geordnet statt willkürlich zu planen.

Eigentlich ist es die ureigenste Aufgabe des Ersten Stadtrates, Beschlüsse des Magistrats umzusetzen. Das beinhaltet natürlich auch die Pflicht, auf mögliche Rechtsrisiken hinzuweisen aber auch darzulegen, wie man dem begegnen könne. Weiterhin hätte man auch über die mögliche Höhe des Schadensersatzanspruches informieren können. Weder das eine noch das andere ist geschehen.

Man hat in der Sitzung den Eindruck beinahe gewinnen können, als ob der Erste Stadtrat gar kein Interesse hätte, nach Lösungen zu suchen für den erkennbaren Wunsch der Stadtverordneten nach geringerer Bauhöhe. Die von Vielen vorgebrachten juristischen Lösungsansätze ließ er gegenüber seiner Sicht der Risiken nicht gelten.

Walther Kiep: „Ich will sehr hoffen, dass der Erste Stadtrat nicht versucht, wie in diesem Beispiel, den Beschluss der Stadtverordneten über die Wiederaufstellung der 17 Bebauungspläne zu Fall zu bringen. Das würde der Stadt nämlich den aufwendigen Prozess der Aufstellung eines Bebauungsplans ersparen. Allerdings würden sich die Stadtverordneten zusammen mit den Bürgern das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen und so einer unkontrollierten Verdichtung Vorschub leisten.“

Daher stimmt die FDP für den Magistratsantrag mit niedrigerer Bauhöhe stimmen, da dieser im Interesse des Stadtbildes noch vertretbar ist und die Interessen der Grundstückseigentümer ausreichend berücksichtigt.