Das Kronberger Stadtbussystem – wie läuft`s?

Die Kronberger FDP schätzt sich glücklich, mit ihrem Vorstandsmitglied Björn Resch (26) einen begeisterten ÖPNV-Insider in ihren Reihen zu haben. Er studiert Bahningenieurwesen und hat in den letzten Monaten viel Zeit und Energie in eine umfassende Analyse des Kronberger Stadtbussystems gesteckt.

Björn Resch: „Wie sieht das Kronberger Stadtbussystem in der Zukunft aus? Eine viel diskutierte Frage, die jedoch derzeit nicht beantwortet werden kann. Denn belastbare Daten gab es erst mit der Fahrgastzählung im Oktober 2020. Zu spät, um eine gründliche Analyse durchzuführen und den Stadtbus in der aktuellen Ausschreibungsperiode grundlegend zu verbessern. Seit 2016 hatte man über 3 Jahre Zeit, Daten zu erheben und für alle eine Diskussionsgrundlage bereit zu stellen. Wenn man weiß, dass der Stadtbus nicht wie gewünscht funktioniert, muss man die Schwächen offen angehen, statt das Thema aufzuschieben. Man kann immerhin mit den inzwischen verfügbaren Daten für die darauffolgende Ausschreibungsperiode zu mehreren Erkenntnissen kommen.“

Die wichtigsten Erkenntnisse aus seiner viel zitierten Analyse des ÖPNV in Kronberg:

  1. Der Stadtbus ist etabliert. Die 926 Fahrgäste an einem Werktag im Jahr 2020 und die zu den Stoßzeiten trotz Corona vollen Busse zeigen, dass der Bus gebraucht wird.
  2. Die Zuschüsse jedoch sind hoch. 640.000€ müssen jährlich zugezahlt werden, da die Einnahmen nur 30% der Kosten decken. ÖPNV ist immer ein Zuschuss Geschäft. Wenn die Einnahmen 50% der Kosten decken, ist das ein guter Wert. Das System Stadtbus hingegen ist wenig effektiv und sollte grundlegend reformiert werden.
  3. Das Nutzungsgefälle ist enorm. Während in Schönberg nördlich der Friedrichsstraße täglich 500 Fahrgäste gezählt werden, sind es in Ohö südlich der Schönberger Straße lediglich 65. Sobald die Regionalbuslinien in Reichweite kommen, brechen die Zahlen des Stadtbusses ein. Stadtbus und Regionalbus sollten sich sinnvoll ergänzen und nicht in Konkurrenz zueinanderstehen.
  4. 67% steigen am Bahnhof um – das zeigt die Bedeutung des Bahnhofs im Stadtbusnetz. Kurze Umstiege, wetterfeste Haltestellen und getaktete Anschlussverbindungen können die Attraktivität des Stadtbusses deutlich erhöhen.
  5. Die wichtigsten Gruppen von Fahrgästen sind bekannt: Schüler, meist vom Bhf zur AKS unterwegs, Senioren, die vom Altkönigstift und Rosenhof zum Berliner Platz reisen und Pendler, die von den Wohngebieten Schönberg-, Ohö- und Kronberg Nord zum Bhf wollen. An deren Bedürfnissen muss sich der Stadtbus orientieren. 
  6. Das Streckennetz ist verwirrend. Auf 12 einzelnen Streckenabschnitten finden die 3 Buslinien in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder zusammen und auseinander. Für neue Nutzer undurchschaubar. 
  7. Der Abstand zwischen den Haltestellen ist sehr gering. Oft besteht zwischen 2 Haltepunkten ein Abstand von lediglich 200m. Beim Regionalbus liegen die Abstände bei 400-600m. Mehr Haltestellen verbessern zwar die Anbindung, verschlechtern aber die Fahrtzeiten, was den Stadtbus, vor allem für Pendler, wenig attraktiv macht. Fahrgastzahlen von nahe Null rund um die Zielhaltestellen Berliner Platz und Bhf zeigen, dass die Bürger durchaus kleine Distanzen zu Fuß zurück legen – mit Ausnahme der Seniorenwohnheime, die weiter über eine direkte Anbindung verfügen müssen. 

Man muss den ÖPNV als einen fortlaufenden Prozess in ständiger Veränderung betrachten, der sich an den Bedürfnissen der Fahrgäste orientiert. Stets auf die nächste Ausschreibung zu warten ist zu spät. Mit jährlichen Zählungen könnte man lange vor einer neuen Ausschreibungsphase aktuelle Daten zum Stadtbus erheben, Ziele definieren und Konzepte ausdiskutieren. Man könnte Jahre früher auf neue Entwicklungen in der Mobilität reagieren und so einen attraktiven ÖPNV schaffen, der Fahrgäste hinzugewinnt und nicht wegen Zeitnot von Ausschreibung zu Ausschreibung fast unverändert einfach fortgeschrieben wird.